Willy Brandt während einer Tagung Ende der 1980-er Jahre in Bonn.Foto: Klaus Euteneuer

Mainzer SPD kritisiert Entgleisung des CDU-Wahlkampfleiters

Partei 0 | 15. Januar 2017

Die Mainzer SPD fordert die CDU-Bundestagsabgeordnete Ursula Groden-Kranich auf, ihren Wahlkampfleiter Felix Maximilian Leidecker zur Mäßigung anzuleiten. „Was sich Herr Leidecker gelegentlich auf Facebook leistet, sprengt jedes erträgliche Maß“, kritisierte das Vorstandsmitglied der Mainzer SPD Klaus Euteneuer. „Frau Groden-Kranich sollte aufpassen, dass die Entgleisungen ihres Mitarbeiters sie nicht selbst in Mitleidenschaft ziehen.“

Anlass für diese Kritik ist ein Kommentar Leideckers zur Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ aus der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur und des Zweiten Weltkriegs. Leidecker hatte geschrieben: „Während Millionen junger Männer damals gefallen sind, hat Frahm sich einen schönen Lenz in Skandinavien gemacht und sich nach seiner Rückkehr als Widerstandskämpfer stilisierter.“ (Schreibfehler im Original)

Frahm ist der Geburtsname des späteren Bundeskanzlers und Friedensnobelpreisträgers Willy Brandt. 1933, als Neunzehnjähriger, musste er aus Deutschland zunächst nach Norwegen, dann nach Schweden fliehen. Von hier aus setzte er sich weiter gegen den Nationalsozialismus ein und arbeitete an den Grundlagen mit, auf denen später die zweite deutsche Demokratie, die Bundesrepublik Deutschland, aufbauen konnte. In den 1950-er und 1960-er Jahren wurde Brandt, damals Regierender Bürgermeister von Berlin und Verteidiger der Freiheit des westlichen Teils der Stadt, immer wieder persönlich angefeindet und diffamiert, gerade auch von Politikern der CDU und der CSU.

„An diese unselige Linie knüpft Herr Leidecker fünf, sechs Jahrzehnte später an“, erklärte Euteneuer. „Das ist die Tradition, die die Unterstützung des Nationalsozialismus verzeihen und Flucht und Widerstand als ‚Vaterlandsverrat’ entwerten wollte. Ich hatte angenommen, dass es heute unter Demokraten einen Konsens gibt, das als Irrweg der deutschen Nachkriegspolitik zu sehen. Wie es scheint, täusche ich mich. Für Herrn Leidecker sind die Flucht vor und der Kampf gegen die nationalsozialistischen Diktatur, sind der Einsatz für die Demokratie und den Frieden an herausgehobenen Positionen des Staates offensichtlich kein Grund, respektvoll zu sein.“

Eine Anekdote zum Schluss: Brandt setzte als Regierender Bürgermeister von Berlin 1958 die Koalition mit der CDU fort, obwohl die SPD bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus deutlich über 50 Prozent erzielt hatte.

Das Foto zeigt Willy Brandt während einer Tagung Ende der 1980-er Jahre in Bonn.