Vor 75 Jahren, am 20. März 1942, begann in Mainz und Rheinhessen die Verschleppung jüdischer Bürgerinnen und Bürger in osteuropäische Durchgangs- und Vernichtungslager. Vorangegangen war eine Zeit der Entrechtung, Ausgrenzung und Beraubung. Zum 75. Jahrestag der Deportationen kamen am Montagabend (20. März 2017) mehrere hundert Menschen zu einer Gedenkfeier auf dem Marktplatz in Mainz zusammen. Neben dem rheinland-pfälzischen Landtagspräsidenten Hendrik Hering, dem Mainzer Oberbürgermeister und SPD-Vorsitzenden Michael Ebling und der Mainzer Kulturdezernentin Marianne Grosse nahmen auch Stella Schindler-Siegreich und Rabbiner Aharon Ran Vernikovsky von der Jüdischen Gemeinde Mainz teil.
Auf Bannern, die vor der Marktsäule aufgestellt waren, standen die Namen von 1.131 deportierten Juden. Die Namen wurden außerdem vorgelesen. Um ihre Anteilnahme auszudrücken, konnten die Gäste der Gedenkveranstaltung Kerzen und Steine vor den Bannern niederlegen.
Zu der Gedenkfeier hatten die Stadt Mainz und der Landtag Rheinland-Pfalz gemeinsam mit der Jüdischen Gemeinde, mit dem Verein für Sozialgeschichte Mainz, der Stiftung „Haus des Erinnerns – für Demokratie und Akzeptanz Mainz“ , der evangelischen und katholischen Kirche Mainz, der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, dem Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz und dem Verband der Geschichtslehrer Deutschlands eingeladen.
Die Geschichte der Deportationen
Am 20. März 1942 begannen in Mainz und in Rheinhessen die Deportationen. Ein Sonderzug der Reichsbahn fuhr am 25. März mit mehr als 1.000 Juden aus Darmstadt ab, davon kamen 470 aus Mainz. Hier waren sie in den Tagen zuvor aus ihren Wohnungen geholt und in der Turnhalle der Feldbergschule gesammelt worden. Sie durften nur einen Koffer oder Rucksack bis zu einem Gewicht von höchstens 50 kg und 50 Reichsmark mitnehmen. Um den Hals mussten sie sich ein Schild mit Namen, Geburtsdatum und ihrer Kenn-Nummer hängen. Von der Turnhalle wurden sie zum Güterbahnhof an der Mombacher Straße gebracht und nach Darmstadt transportiert.
Ziel des Sonderzugs aus Darmstadt war das Ghetto Piaski bei Lublin im von deutschen Truppen besetzten Polen. In diesem Lager herrschten katastrophale Zustände. Die Menschen hungerten, Cholera- und Typhusepidemien forderten viele Todesopfer. Arbeitsfähige Juden mussten Zwangsarbeit leisten, viele starben an Erschöpfung. Wenige Wochen später wurden die noch Lebenden weiter in die Vernichtungslager Majdanek und Sobibor verschleppt und ermordet.
Ende September 1942 folgten weitere Transporte. Am 27. September wurden dann 453 zumeist ältere Menschen in das Lager Theresienstadt gebracht. Am 30. September wurden 883 hessische Juden, darunter 178 aus Mainz, vermutlich direkt in das VernichtungslagerTreblinka deportiert. Sie wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet. 1943 und zu Beginn des Jahres 1944 wurden nochmals kleinere Gruppen aus Mainz nach Theresienstadt deportiert.
(Quelle: Stadt Mainz)
Das Foto zeigt Michael Ebling (rechts) sowie Marianne Grosse und Hendrik Hering; links neben Hering der Mainzer Bundestagskandidat Carsten Kühl. Einige weitere Fotos der Gedenkfeier gibt es bei flickr.