In Mainz herrscht ein lebendiges und weltoffenes Miteinander. Das liegt vor allem an jenen, die uns im Alltag beruflich oder ehrenamtlich mit Kultur versorgen. Als Einzelne, Gruppen, Initiativen, Vereine und öffentliche Institutionen halten Kulturakteur:innen unsere Stadt zusammen. Sie bringen uns miteinander in Begegnung, zum Nach- und Weiterdenken, Fühlen, Staunen, Lernen, zu neuen Perspektiven und Einsichten, zum gemeinsamen Feiern und Innehalten.
Wie einsam unser „Mainzgefühl“ ohne ein vielfältiges Kulturangebot wäre, haben wir in der Pandemie erleiden müssen. Viele, die im Kultur- und Kreativsektor den eigenen Lebensunterhalt verdienen, mussten diese Zeit auch finanziell mühsam überwinden. Als Sozialdemokrat:innen wissen wir, dass Applaus nicht reicht. Ob Kunst, Theater, Musik, Literatur oder Film, Bau- oder Soziokultur, kulturelle Bildung oder Museen: Kultur istunbezahlbar. Gerade deshalb müssen wir sie uns leisten! Respekt bedeutet deshalb für uns als Mainzer SPD, dass wir alle Kulturakteur:innen materiell wie ideell stärken.
Wir stärken unsere kulturelle Infrastruktur
Kulturakteur:innen dürfen in Mainz keine Sorgen um ihre räumliche und dadurch wirtschaftliche Zukunft haben. Wir kümmern uns um bedarfsgerechte räumliche Infrastruktur zur dauerhaften und niedrigschwelligen Nutzung für die Produktion, Organisation und Präsentation von sowie Teilhabe an kulturellen Angeboten ohne finanzielle Hürden. Hierfür werden wir unter anderem bestehende und künftige öffentliche und Gebäude stadtnaher Beteiligungen für Kulturakteur:innen weiter öffnen.
Darüber hinaus unterstützen wir Kulturakteur:innen aktiv bei der Suche und dauerhaften Anmietung weiterer geeigneter Räume und Flächen, auch in unseren Bürgerhäusern zu günstigeren Konditionen und für Jugendliche über geeignete Förderinstrumente idealerweise kostenfrei.
Zu nachrangig anzustrebenden Zwischennutzungen werden wir den Zugang erleichtern. Leerstehende Räume sollen grundsätzlich verwendet werden müssen. Wir prüfen daher die Einführung einer städtischen Leerstandssteuer, deren Erträge in die Kulturförderung fließen sollen.
Mit den Hochschulen und ihren Einrichtungen wollen wir für gemeinsame Raumnutzungen engere Kooperationen vereinbaren.
Der Kulturentwicklungsprozess der Verwaltung hat seit 2016 den anhaltenden Mangel an verfügbaren und bezahlbaren Räumen für die freie Kulturszene dokumentiert. Wir versorgen alle Stadtteile mit kulturellen Begegnungsräumen und werden damit die Ortskerne stärken. In der nördlichen Neustadt setzen wir uns für die verlässliche und langfristige finanzielle Unterstützung des Kulturbäckerei e.V. für den Aufbau und dauerhaften Betrieb eines soziokulturellen Zentrums als Freiraum und Ort der Gemeinwesenarbeit ein. Wir setzen uns dafür ein, dass die Stadt ihre Förderung rechtzeitig festsetzt.
Selbst starke Vereine wie die Kulturbäckerei können durch ihre begrenzten Möglichkeiten den Raumbedarf in Mainz jedoch nicht alleine bedienen. Wir werden den Raummangel für Kulturakteur:innen strukturell mildern, indem wir das Allianzhaus samt zugehöriger Flächen in vollständig städtischen Besitz bringen. Den Fortbestand der die Innenstadt belebenden Erdgeschoss- und Platznutzung mit Kulturclub, Kunstgalerie, interkultureller Begegnung, Demokratie- und Erinnerungsarbeit, Nachtkultur und Gastronomie wollen wir erhalten und neudenken, die baukulturelle Bedeutung des denkmalgeschützten Hauses werden wir klimagerecht bewahren. Wir entwickeln das Allianzhaus mit seinem Areal in einem öffentlichen Beteiligungsverfahren mit Kulturakteur:innen der freien und subkulturellen Szenen partnerschaftlich weiter für eine vielfältige Nutzung zu einem Ort des Buches und der Kultur mit bedarfsgerechten kulturellen Produktions-, Organisations-, Präsentations- und Begegnungsräumen und -flächen (u.a. Ateliers und Proberäume für Kunst, Bibliotheken, Musik, Theater, Tanz; Workspaces für Vernetzung und Förderung von Kultur-Start-ups und -Initiativen, für Demokratie- und Erinnerungsarbeit sowie Jugendbeteiligung; Veranstaltungsflächen und Bühnen für Aufführungen, Ausstellungen, Debatten, Lesungen etc.). Als Sozialdemokratie ergreifen wir so die Chance, einen der letzten nicht-durchkommerzialisierten Orte im Stadtzentrum als shared space für interkulturellen und intergenerationellen Austausch, soziale und kulturelle Teilhabe sowie demokratischen Zusammenhalt zu bewahren und zu stärken. Wir wissen, dass gerade diese Orte für die Strahlkraft einer Universitäts- und Landeshauptstadt, die auch im demographischen Wandel attraktiv und wirtschaftlich erfolgreich sein will, unverzichtbar sind.
Wir stärken das Haus des Erinnerns – für Demokratie und Akzeptanz (HdE) als hochfrequentierten und inklusiven Demokratie-Lernort und Vermittlungsinstanz aktiver Erinnerungsarbeit im heutigen Allianzhaus mit Bezügen zu vielfältigen Opfer- und Überlebendengruppen. Wir werden dem HdE für seine wichtige Arbeit mit Jugendlichen und Erwachsenen weiterhin und dauerhaft einen räumlich bedarfsgerechten, barrierefreien und sichtbaren und zentralen Ort in der Altstadt geben. Wir machen uns ferner gegenüber Land und Bund für eine langfristige strukturelle Förderung und einen dringend nötigen personellen Aufwuchs des HdE stark. Die Mainzer SPD fordert zur dauerhaften Zukunftssicherung dieser wichtigen Einrichtung auch eine deutliche jährliche finanzielle Förderung durch die Stadt Mainz.
Wir wollen Mainz auf dem Kunstmarkt strukturell besser positionieren. Wir stärken die Ansiedlung und wirtschaftlichen Chancen lokaler Künstler:innen und Kunstabsolvent:innen von hoher Qualität durch Förderateliers in städtischer Hand. In der angemieteten Ateliergemeinschaft Waggonfabrik heben wir die Höchstaltersgrenze für die Ateliervergabe an, lassen eine Mietverlängerung auf zehn Jahre unter Minderung der Förderhöhe zu und ermöglichen kulturelle Veranstaltungen vor Ort. Die Mainzer Kunsthalle leistet beeindruckende kunstpädagogische Arbeit und bereichert unsere Kulturlandschaft. Wir unterstützen auch weiterhin die wertvolle kulturelle Arbeit im KUZ und Frankfurter Hof.
Wir unterstützen den weiteren Bau und Betrieb von Proberäumen durch die Stadt, wie schon auf dem Layenhof, um Mainz als Musikstadt strukturell zu stärken. Die Arbeit des Kulturfabrik Airfield e.V. fördern wir. Schüler:innen, die für ihr erstes Bandprojekt einen Proberaum brauchen, stellen wir diesen nach Verfügbarkeit kostenfrei zur Verfügung. Wir stehen daneben zur weiteren Förderung des Peter-Cornelius-Konservatoriums als städtischer Musikschule und Ausbildungsstätte.
Der Verantwortung für Mainz als Medien- und Filmstadtsind wir uns bewusst. Wir wollen eine vielfältige Kinolandschaft, fördern daher den dauerhaften Betrieb von Programmkinos und halten Kinobesuche für alle erschwinglich. Wir ermöglichen nichtkommerzielle Open Air-Kinovorführungen in Rheinnähe, Parks und auf der Zitadelle, bei denen auch lokale und regionale Filmproduzierende zur Geltung kommen können. Die Förderung von Initiativen, Projekten und Veranstaltungen im Bereich Film und Medien, wie z.B. dem FILMZ-Festival oder dem Filmsommer Mainz der Kulturei, setzen wir fort.
Wir werden Mainz als Stadt des Buchdrucks stärken: Die Öffentliche Bücherei Anna Seghers wollen wir aus ihrer heutigen Mietsituation lösen und durch Synergien mit anderen Kulturakteur:innen als öffentlichen und inklusiven „Dritten Ort“ aufwerten. Wohnortnahe Ausleihstellen in den Stadtteilen sollen das Angebot weiterhin ergänzen. Dem Literaturbüro wollen wir unter dem Dach der Öffentlichen Bücherei Anna Seghers, in zentraler Innenstadtlage wie etwa am Allianzhaus, eine neue Stätte geben.
Das Gutenberg-Museum ist ein Museum der Druckkunst von internationalem Rang − unser Weltmuseum. Wir unterstützen es weiterhin während seines Interims und danach und gewährleisten seine Finanzierung als für unsere Stadt auch touristisch unschätzbares Weltmuseum der Druckkunst. Wir bringen es gut durch die Phase des Neubaus und sorgen für eine erfolgreiche Wiedereröffnung am alten Standort.
Auch sonst pflegen wir unsere vielfältige Museumslandschaft und stadtgeschichtlichen Einrichtungen: Wir wollen das Stadthistorische Museum sichtbarer in der Stadt verankern und unterstützen es deshalb bei der Suche nach neuen, größeren sowie zu Fuß und mit dem ÖPNV gut zugänglichen Räumlichkeiten.
Das Schulmuseum würden wir gerne – sofern an diesem Ort weiterhin möglich – mit seinen Räumen und seiner Sammlung in der Neutorschule erhalten. Auch das Deutsche Kabarettarchiv und das Mainzer Fastnachtsmuseum sind für uns wichtige Einrichtungen, weil sie Mainz als Stadt der Kleinkunst und der Fastnacht auch museal repräsentieren.
Unser Naturhistorisches Museum erhält durch umfassende Sanierung als Interim für das Gutenberg-Museum neue Präsentationsmöglichkeiten und unsere weitere Unterstützung, um Themen wie Biodiversität, Klimawandel und Artenschutz museumspädagogisch zu vermitteln.
Das Stadtarchiv und die Wissenschaftliche Bibliothek als Einrichtungen historischer Dokumentation wollen wir durch die Digitalisierung ihrer Bestände und Priorisierung ihrer Sammlungsaktivitäten unterstützen sowie räumliche Bedarfe decken. Sich hierbei ergebende Synergien wollen wir klug nutzen.
Die Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, Direktion Landesmuseum Mainz sowie das neue Leibniz-Zentrum für Archäologie bleiben für uns wichtige Partner und sind mit ihren Plätzen attraktive Veranstaltungsorte im Sommer für lokale Kulturakteur:innen, etwa im Bereich Musik und Theater, sowie für rheinhessische Kulinarik.
Wir fördern Kultur vielfältig und langfristig
Unsere zuletzt erhöhte Projektförderung werden wir weiter stärken, um einer Bedarfsabdeckung näher zu kommen und gegenüber anderen Städten im Kultur- und Kreativsektor wettbewerbsfähig zu bleiben.
Zugleich werden wir unsere Förderlandschaft auf institutionelle Förderung fokussieren, um für freie und öffentlich organisierte Kultureinrichtungen langfristige Planungssicherheit und kreative Freiheit zu ermöglichen. Mit Blick auf eine vielfältige Kulturlandschaft werden wir dabei verstärkt auf Breite und Ausgewogenheit der institutionellen Förderung achten. Für unsere eigenen Förderinstrumente werden wir die Antrags- und Vergabeprozesse vereinfachen, in den Kriterien transparent und in der Umsetzung digital gestalten.
So werden wir neben Einrichtungen der freien Szene weiterhin unser Staatstheater mit seiner hohen künstlerischen Qualität und seiner Reichweite als Aushängeschild für Mainz fördern, ebenso etwa das Mainzer Forumtheater Unterhaus oder die Junge Bühne Mainz.
Das „Open Ohr“ unterstützen wir als nichtkommerzielles, thematisches Jugendkulturfestival auf der Zitadelle, getragen durch die Kooperation unseres städtischen Jugendamts und der Freien Projektgruppe, und sichern es finanziell dauerhaft ab.
Wir unterstützen die Nutzung unserer Straßen und Plätze für Kunst und Kultur, von der Sichtbarmachung von Kunstwerken über Interventionen durch z.B. Performances bis zum öffentlichen Konzert. Wir werden frei zugängliche, nicht kommerzielle kulturelle Events wie „Mainz leuchtet“, „Mainz lebt auf seinen Plätzen“, die „Interkulturelle Woche“ und das „Interkulturelle Fest“, die „SchUM-Kulturtage“, den „Mainzer Wissenschaftsmarkt“, das „Zitadellenfest“, den „Tag des offenen Denkmals“ und das „Theaterfest“ weiter fördern und ausbauen, um kulturelle Teilhabe unabhängig vom Geldbeutel zu ermöglichen.
Wir werden unsere Förderberatung durch die Einführung von Kulturlotsen auf städtischer Ebene ausbauen und die Beratung aufsuchend gestalten und aktiv bewerben.
Wir geben Kultur politisch den nötigen Stellenwert
Im Jahr 2016 haben wir einen Kulturentwicklungsprozess gestartet, damit Diskussion und Vernetzung innerhalb der Kulturlandschaft angeregt und 2023 den Gremien zuletzt berichtet. Wir werden diesen inzwischen in allen Stufen durchlaufenen Kulturentwicklungsprozess in einen verbindlichen Kulturentwicklungsplan für Mainz überführen und schnell zur Umsetzung bringen. Dabei werden wir positive Erfahrungen aus der Pandemie sowie die Möglichkeiten nutzen, die sich mit der Kulturentwicklungsplanung des Landes ergeben. Die konkreten Ziele und Prozesse hierfür wollen wir mithilfe einer multiperspektivischen Kulturkonzeption entwickeln, die auf die Expertise unserer lokalen freien und öffentlich organisierten Kulturakteur:innen, die Kulturangebote bereitstellen, sowie auf den Erfahrungen und Wünschen aktueller bzw. potentieller Publika, die Kulturangebote nutzen (würden), gründet.
Gerade in der Pandemiezeit und durch die gegenwärtigen Krisen ist der Kultur- und Kreativsektor besonders gebeutelt. Eine Weiterführung der wertvollen und hochengagierten Arbeit unseres Kulturdezernats ist daher unerlässlich und bedarf weiterer Anstrengungen. Wir müssen daher unser Kulturdezernat personell stärken und aufwerten, damit es den bereits heute hohen Anforderungen kulturpolitischer Gestaltung und Verwaltung unserer wachsenden Landeshauptstadt im demographischen Wandel weiter gerecht werden kann.
Wir kümmern uns um eine lebendige Nachtkultur
Ein pulsierendes Nachtleben und Nachtkultur tragen zur Attraktivität einer Hochschul- und Landeshauptstadt bei. Die Stelle des derzeit ehrenamtlichen Nachtkulturbeauftragten als zentrale Ansprechperson, die zwischen Nachtaktiven, Bürger:innen und Verwaltung vermittelt, wollen wir daher hauptamtlich weiterführen und mit einem Nachtkulturkonzept für Mainz weiterentwickeln.
Wir werden Nacht- und Clubkultur auch innerhalb innerstädtischer Wohngebiete weiter ermöglichen, bestehende Räume hierfür erhalten und neue Räume nutzbar machen. Auch für andere Kulturorte als die der Nachtkultur, auf die dies zutrifft, wie z. B. den Ollohof, beseitigen wir aktiv Genehmigungs- und Gestaltungshindernisse. Wir wollen kulturelle Einrichtungen, insbesondere der Nachtkultur, zusätzlich mit einem Förderprogramm für lärmreduzierende Maßnahmen vor Konflikten mit Anwohnenden schützen. Hierzu zählen auch Maßnahmen außerhalb der Einrichtungen, etwa eine lärmreduzierende Begrünung schallreflektierender Fassaden.
Eine jährliche „Nacht der Clubs“, wie es sie früher schon einmal gab, wollen wir wiederbeleben.